Stand : 12.08.2018

Umstellen der Kulturform

Das Umstellen der Kulturform ist immer wieder Thema in diversen "Hoyagruppen" und daher für mich ein Anlass, hier auf meiner Seite, über meine Meinung und Erfahrung  über dieses Thema zu berichten.

Generell sollte man sich immer gut überlegen, warum man eine Umstellung möchte, da dies ein Eingriff in das Leben der Pflanze und somit Stress bedeutet. Wenn man sich für eine Umstellung entscheidet, sollte es daher auch eine langfristige und am Besten endgültige Entscheidung sein.


Kulturformen

Zunächst einmal gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten eine Pflanze zu kultivieren: organisch und anorganisch. 

organisch: unter organisch versteht man ganz allgemein gesprochen die Kultur in Erde, Erdmischungen oder Substrat aus Pflanzenfasern wie Kokos. Biologisch gesehen gehören organische Stoffe zum belebten Teil der Natur, da hier Stoffwechsel und Zersetzung statt findet. Biochemisch betrachtet enthalten organische Stoffe  immer Kohlenstoff!

anorganisch: Anorganische Stoffe sind all jene, die keine Kohlenstoffverbindungen enthalten. Diese sind mineralischen Ursprungs und biochemisch gesehen totes Material. Hierzu gehören, für die Pflanzkultur relevant: Lava, Bims, Blähton und Tongranulat. 

organische Kultur

Die organische Kulturform ist die gängigste. Eigentlich jede käuflich erworbene Pflanze wird in organischem Substrat gehalten. Das Substrat kann hierbei auf die jeweilige Pflanzenart abgestimmt werden und unterscheidet sich in der Art ihrer zusammen Setzung.

Verfechter der organischen Kulturform geben oft als Hauptgrund, sich für diese Variante zu entscheiden an, dass es die naturnahe Art sei eine Pflanze zu kultivieren. 

Da organisches Substrat ,wie oben schon erwähnt,  "lebt" bietet diese Art der Kulturform aber auch Insekten, Schädlingen sowie Schimmel und Bakterien in der Wurzelregion einen Lebensraum und somit muss bei dieser Kuturvariante auch immer mit der Möglichkeit von Wurzelschäden über Schädlinge oder Keime gerechnet werden. Auch besteht hier immer das Risiko durch falsches Wässern, die Pflanze zu übergießen oder austrocknen zu lassen. Ein regelmäßiges kontrolliertes Gießverhalten ist daher wichtig. 

anorganische Kultur

für die anorganische Kultur von Pflanzen gibt es die Möglichkeit der reinen Hydrokultur (Hydro=Wasser) oder der Semi-Hydrokultur (Semi=halb) 
Im Bereich der Semi-Hydrokultur sind die beiden gängigsten und bekanntesten Varianten das Lechuza System oder kultivieren mit Seramis Ton Granulat. 
Da ich mich mit der reinen Hydrokultur bis lang nur theoretisch auseinander gesetzt habe und daher über keine praktischen Kenntnisse oder Erfahrungen verfüge werde ich in folgendem über die Semi-Hydrokultur, im Speziellen das Kultivieren mit Seramis Ton Granulat berichten.

was ist Seramis ?

Ich bin generell der Meinung jeder muss seinen Weg in der Pflanzenkultur selber finden und möchte daher auch keine Werbung für das Seramissystm machen, da ich aber mittlerweile durchgehend positive Erfahrungen damit gemacht habe möchte ich meine Erfahrungen gerne teilen und am Ende ist es ja jedem selber überlassen was und wie er es macht ;.-) 

Seramis ist eigentlich eine Marke unter der man  verschiedene Artikel kaufen kann. Dennoch meint man, wenn man sagt "ich kultiviere meine Pflanzen in Seramis" , das reine Seramis Pflanz Granulat, da dies das "Steckenpferd" der Marke ist. 

Das Pflanzgranulat besteht aus porösem Ton, welches wasser- und nährstoffspeichernde Eigenschaften besitzt. Über gespeicherte Wasser und dessen Nährstoffe versorgt sich die Pflanze dann über die Wurzeln nach und nach. Durch diese wasserspeichernde Eigenschaft verringert sich auch der Gießaufwand und gleichzeitig besteht bei sachgemäßer Anwendung keine Gefahr von Staunässe. Das Granulat ist und bleibt immer locker an den Wurzeln und sorgt somit für eine optimale Wurzelbelüftung und einer Versorgung mit Sauerstoff. Durch seine anorganische Zusammensetzung bietet es auch Schädlingen wie den Wurzelläusen oder der Trauermücke praktisch keine Grundlage sich darin zu vermehren, weshalb es unter anderem für mich mittlerweile sehr interessant geworden ist, da ich nun leider schon sehr oft Blumenerde gekauft habe, welche mit Trauermücken übersät war. 

Wie ich zu Seramis kam und warum ich es benutze...

zu Seramis kam ich eigentlich eher durch Zufall, als ich zu den Anfängen meiner Hoyazeiten den Tipp bekommen habe Stecklinge in Seramis zu bewurzeln. Diese Art der Bewurzelung hat für mich fast ausnahmslos immer funktioniert und meistens habe ich dann in Seramis bewurzelte Stecklinge auch in Seramis weiter kultiviert, da ich immer feststellen musste, dass sich die Pflanzen sehr gut darin entwickelt haben.

 

Trotzdem war ich immer großer Verfechter der organischen Kulturform, da man hier je nach Pflanze die Bedürfnisse an den Boden individuell abstimmen kann. Die organische Kultur hat für mich auch immer super funktioniert und auch heute halte ich noch viele Pflanzen organisch. Dennoch habe ich für mich und meine Pflanzen große Vorteile in der anorganischen Kultur mit Seramis  festgestellt. Nicht nur die Anfälligkeit auf Schädlinge ist zurück gegangen, auch die Qualität der Wurzeln hat sich deutlich verbessert. Ich habe tatsächlich sogar schon einige Pflanzen durch die Umstellung auf Seramis retten können, die aufgrund von Schädlingen oder anderem erhebliche Wurzelschäden hatten und eigentlich reif für den Kompost gewesen wären. Die meisten dieser Pflanzen hatten sich im Seramis sehr schnell erholt und neue kräftige Wurzeln ausgebildet.

Natürlich ist es für mich mit meiner großen Sammlung auch eine erhebliche Erleichterung, da sich die Gießintervalle deutlich verringern und das Gießen allgemein auch einfacher ist, da eine Überwässerung praktisch unmöglich ist. 


Die Pflanze umstellen

Viele Seramisverfächter berichten, dass es bei der Umstellung auf Seramis immer Probleme gibt und man daher die Pflanze als Steckling direkt in Seramis ziehen muss. Die Gründe seinen die "Erdwurzeln" die bei der Umstellung absterben und vergammeln oder die anhaftende Erde an den Wurzeln, die dann zu faulen beginnt. Eine Umstellung von Seramis auf Erde sei dagegen fast immer problemlos möglich. 

 

Für mich hat sich diese Behauptung tatsächlich noch gar nie bewahrheitet! Mir ist noch keine einzige Hoya durch die Umstellung von Erde auf Seramis gestorben, auch auf lange Sicht hatte ich noch nie Probleme mit umgestellten Pflanzen. Meine H.onychoides steht seit mittlerweile vier Jahren auf Seramis und war davor in Erde gezogen. Sie hat mir nicht einmal Probleme mit den Wurzeln bereitet.

Dazu muss ich aber auch erwähnen, dass ich zum einen bei der Umstellung der Pflanze, als auch bei der weiteren Kultivierung anders vorgehe als von der Firma Seramis vorgegeben!
Ich möchte aber unbedingt erwähnen, dass es sich hierbei um meine Erfahrungen handelt und was für mich funktioniert, muss bei anderen nicht genauso sein!

So stelle ich meine Pflanzen um:

 

von der Firma Seramis wird angegeben, dass die Pflanze für die Umstellung komplett mit dem alten Erdballen in Seramis eingepflanzt werden soll. Das Verhältnis soll dabei 2/3 Seramis und 1/3 Erde betragen. Außerdem soll ein Topf ohne Auslauflöcher verwendet werden. Das Wasser muss dann mit 1/4 des Topfvolumens aufgefüllt werden.

 

Dies führt meiner Meinung nach bei Hoyas zu Problemen, da es für die Pflanze Gift wäre, wenn die Erde um die Wurzeln immer nass bzw. feucht ist. Daher nehme ich prinzipiell einen Topf MIT Ausläuflöchern! Außerdem wasche ich die Erde so gut es geht ab und weiche sie dann zusätzlich noch für ein bis zwei Stunden in Wasser ein um so viel Erde wie möglich von den Wurzeln weg zu bekommen. Danach setzte ich die Pflanze in einen sauberen Topf und fülle mit Seramis auf. Da das Seramis über keinerlei Nährstoffe verfügt, sollte das Gießwasser unbedingt mit Dünger versetzt werden. Ich gieße das Seramis nur so lange, bis es unten ausläuft NICHT MEHR und lasse es bis zum nächsten Gießen erst komplett abtrocknen. Ich richte mich beim Gießen auch nicht nach den Gießanzeigern von Seramis, sondern gieße dann, wenn das Seramis hell und leicht geworden ist. Bei Pflanzen mit höherem Wasserbedarf gieße ich etwas früher.

 

Ich denke das Geheimnis des Erfolges liegt tatsächlich darin, dass man nur dann geschlossene Töpfe benutzen darf, wenn die Pflanze schon als unbewurzelter Steckling in Seramis gezogen wurde, da hier die Pflanze von vornherein in das System etabliert ist und sich keinerlei Erde an den Wurzeln befindet, die zu faulen beginnen kann. Stellt man die Pflanze um, so sehe ich es als richtig an, das Granulat nur anzugießen und überschüssiges Wasser abzugießen. Für mich funktioniert dieses System schon seit Jahren sehr gut und ich hatte auf diese Weise noch nie Probleme mit Fäulnis oder dass die Pflanze durch den Stress der radikalen Umstellung gestorben wäre.

 


Mythos Wasser- bzw Erdwurzeln

 

Im Bereich der Pflanzenkuturen trifft man immer wieder auf zwei Begriffe "Wasserwurzeln" und "Erdwurzeln". Besonders dann, wenn man sich mit der Bewurzelung von Stecklingen oder den Kulturformen auseinander setzt.

 

Meist heißt es "Wenn du den Steckling in Wasser bewurzelst, bildet der Steckling Wasserwurzeln aus, wenn du ihn dann in Erde steckst müssen sich erst die Erdwurzeln bilden"

 

Ich weiß nicht wie oft ich das schon gelesen habe, auch von absoluten Fachleuten der Hoyawelt und sogar Weltweit hält sich diese Meinung über die angeblich unterschiedlichen Wurzelarten.

 

Für mich als BTA war das von Anfang an seltsam. Ich hatte in meiner Ausbildung mit der Botanik zu tun und auch die Wurzel wurde von uns bis ins Detail durch genommen, aber von "Wasserwurzeln" hatte ich noch nie gehört.

 

Das war ein Grund für mich über diese Sache etwas genauer nach zu forschen und so zog ich meine alten Lehrbücher raus und googelte rauf und runter. Das einige was ich zu diesem Thema finden konnte, waren banale Aussagen von Hobbyisten, jedoch ohne jegliche Erläuterung worin denn nun der Unterschied dieser Wurzeln sein soll. Für mich war immer mehr klar, dass es diese Wurzeln schlicht weg nicht gibt, so wie ich es mir von Anfang an dachte und dass es sich hier wie bei so vielen um einen Mythos handelt, der sich darum so hartnäckig hält, da die Pflanze bei der Umstellung meist tatsächlich einen Wachstumsstop macht.

 

Dennoch fand ich zunächst nichts was für mich den Beweis bot und so hielt ich mich erst einmal zurück, da ich ja scheinbar alleine mit meiner Meinung zu diesem Thema in der Welt der Pflanzen unterwegs war. Schließlich fand ich auf der Seite der "Deutschen Gesellschaft für Hydrokultur" (https://www.dghk.net/) dann die Bestätigung für meine Theorie. Hier fand ich die Aussage des Dr. Blaicher der schrieb: " Das Wurzelleben findet im Dunkeln statt, wo um so heftiger die Spekulationen blühen. Tatsache ist, dass die sogenannten Hydrowurzeln, die sich bei Pflanzen in Hydrokultur angeblich bilden, Fiktion sind. ....  Zwischen gesunden Hydrowurzeln und Erdwurzeln gibt es keinen Unterschied. Beide haben, wenn sie gesund sind, weiße, feine Haarwurzeln, die für die Aufnahme von Sauerstoff zuständig sind...."

 

 

 

Somit war für mich klar, es gibt keinen Unterschied und somit muss die Pflanze bei der Umstellung auch keine neuen Wurzeln bilden. Dass die Pflanze trotzdem eine Umgewöhnung durchmachen muss ist von meiner Seite aus unbestritten! Natürlich stellt die Umstellung der Kultur für die Pflanze einen Eingriff in ihr Leben dar und sorgt somit für Stress, aber es ist nicht so, dass die Pflanze ihr gesamtes Wurzelwerk neu ausbilden muss, sie muss sich lediglich umgewöhnen!

 

Wenn man sich die unten stehenden Bilder anguckt, sieht man auch ziemlich deutlich, dass es zwischen den Wurzeln, keine Unterschiede in der Art oder dem Aufbau der Wurzeln gibt. Der einige Unterschied, den man ab und zu feststellen kann, ist dass die Wurzeln bei Seramiskulturen an der Oberfläche manchmal etwas grünlich sind, da sie mit Licht in Berührung kommen.

 

 

 

hier die Wurzeln einer Pflanze, die ich in Erde halte. 

im Vergleich die Wurzeln einer Pflanze auf Seramis